Rote Brille?

Wiederholung eines Weltwoche-Artikels….von 2017

Die Schweiz durch die rote Brille

Mit Millionen an Steuer- und Gebührengeldern soll der internationale Service der SRGdas ausländische ­Publikum über die Schweiz informieren. Tatsächlich betreibt Swissinfo eher politisch gefärbte ­Desinformation.

Florian Schwab, Weltwoche

19.10.2017

Gemessen am Budget, ist Swissinfo.ch eine der wichtigsten Nachrichtenseiten der Schweiz im Internet. Die jährlichen Aufwände betragen 18,6 Millionen Franken (2016), unter anderem für 85 Vollzeitstellen. Der Bund subventioniert das Unternehmen mit knapp 50 Prozent des Jahresbudgets. Dafür verpflichtet sich Swissinfo in einer Leistungsvereinbarung der Förderung «der Präsenz der Schweiz und des Verständnisses für deren Anliegen im Ausland». Insbesondere soll die Plattform den Auslandschweizern ­«eine freie Meinungsbildung im Hinblick auf die Ausübung ihrer politischen Rechte in der Schweiz» ermöglichen.

TENDENZIÖSER FAKTENCHECK

Wer als unkundiger Ausländer die Website besucht, dem vergeht allerdings rasch die Freude an der Schweiz. Zu den wichtigsten Artikeln in der letzten Woche gehört ein Beitrag, in dem Swissinfo vor der grassierenden Gewalt von Schweizer Eltern gegen ihre Kinder warnt: ­«Eines von fünf Kindern in der Schweiz leidet unter schweren Körperstrafen durch seine ­Eltern.» In einem anderen Artikel wird die ­Homophobie thematisiert: Der Zugang zu ­Samenspender-Datenbanken sei für hetero­sexuelle Eltern reserviert. Daher «wenden sich LGBTTIQ-Personen [Homosexuelle und andere sexuelle Minderheiten, Anm. d. Red.] immer häufiger an Fruchtbarkeits-Kliniken in anderen europäischen Ländern». Immerhin werde die Schweiz ihren «Rückstand schon bald aufholen».

Düster sieht es laut Swissinfo für die Schweizer Medien aus. Den Kauf der Zehnder-Medien durch Christoph Blocher kommentierte der Kanal alarmiert: «Zusammen mit seiner Basler Zeitung und der Weltwoche, die seine isolationistische Vision der Schweiz teilt», habe «Blocher nun die Millionenschwelle punkto Leser­zahlen überschritten». Vor einem Jahr, als Bundes­rat Ueli Maurer (SVP) beim internationalen Medienangebot der SRG den Rotstift ­ansetzen wollte, kommentierte dies

Swissinfo-­Direktor Peter Schibli gegenüber der spanischen Zeitung El País mit den Worten: «Für ­diese Politiker hat eine weltoffene Schweiz ­keine Priorität, weil es Nationalisten sind.»

Selbst mit seinem Kernauftrag, der politischen Information der Auslandschweizer, nimmt es Swissinfo in puncto Überparteilichkeit nicht so genau. Anlässlich der Nationalratsdebatte zur Volksinitiative «No Billag» fertigte Swissinfo einen sogenannten Faktencheck an, in dem Argumente der Gegner und der Befürworter überprüft wurden. Die ge­äusserten Argumente wurden strikt an den ­Positionen der SRG gemessen. Die NZZ brandmarkte in einem Interview mit dem neuen SRG-Generaldirektor Gilles Marchand diesen «Faktencheck» als «tendenziös». Marchand widersprach nicht. Auch das eher SRG-freundliche Medienportal Medienwoche kommentierte, hier habe es Swissinfo an «Fingerspitzen­gefühl» fehlen lassen.

Noch problematischer als die teilweise ­politisch gefärbten Berichte in den Schweizer Amtssprachen sind die Swissinfo-Angebote in Fremdsprachen wie Englisch, Spanisch und Arabisch. Hier hat Swissinfo nämlich so gut wie ein Monopol auf Schweizer Onlinenachrichten. Journalisten bei internationalen ­Zeitungen oder Autoren für Onlinequellen wie Wikipedia greifen häufig auf das internatio­nale SRG-­Angebot als einzige verfügbare Quelle in der ­jeweiligen Sprache zurück. Die Folgen davon liessen sich jüngst beim Bergsturz von Bondo beobachten. Während Swissinfo hier im deutschsprachigen Angebot ausgewogen berichtete und beispielsweise den Bündner ­Kantonsgeologen zu Wort kommen liess, der einen Zusammenhang mit dem Klimawandel eher bezweifelte, wurde ­dieser Beitrag den Lesern in englischsprachigen ­Medien vorenthalten und dafür die Ver­sion verbreitet, der Zusammenhang zwischen dem Klima­wandel und dem Bergsturz gelte bei Schweizer Behörden als ausgemachte Tat­sache.

Sprachlich ähnlich abgestuft war auch die Analyse der Abstimmungsergebnisse zur ­Reform der Altersvorsorge 2020. Während Swiss­info hier im deutschsprachigen Angebot ­relativ neutral berichtete, konnten spanischsprachige Leser leicht den (im Interesse der ­politischen Linken begründeten) Eindruck ­gewinnen, es sei dem Schweizer Souverän hauptsächlich um ein Nein zur Erhöhung des Frauenrentenalters gegangen.

SPEERSPITZE SOZIALISTISCHER BEWEGUNGEN

Viele Beiträge auf Swissinfo befassen sich mit der Aktualität in Lateinamerika, wo die Plattform sich häufig als Speerspitze sozialistischer Bewegungen gibt. Jüngst verglich Swiss­info Argentinien unter dem demokratisch gewählten Präsidenten Mauricio Macri mit einer ­Militärdiktatur. Und der Genfer Professor Jean-Pierre Gontard, der nach Erkenntnissen der Weltwoche als Geldkurier für die marxistische Farc-Guerilla fungierte, darf ­ohne jeden Hinweis auf seine problematische Rolle die Geschehnisse in Kolumbien kommentieren. Anlässlich des Todestags von Che Guevara ­veranstaltete der spanischsprachige Kanal von Swissinfo vor zwei Wochen regelrechte Che-­Guevara-Festspiele. Immer wieder kommen linke Geisteswissenschaftler zu Wort, die die Schweiz als Unterstützerin rechter Diktatoren in der lateinamerikanischen Geschichte karikieren oder sich gar zur Behauptung ver­steigen, das Internationale Komitee vom ­Roten Kreuz sei immer ein ­«Instrument schweizerischer Interessen» ­ge­wesen. In den letzten Jahren hat sich das spanische Angebot von Swissinfo besonders in die internatio­nalen Tätigkeiten von Schweizer Rohstoffhändlern verbissen.

Auf Anfrage der Weltwoche äussert sich die Swissinfo-Spitze, bestehend aus Chefredaktorin Larissa Bieler und Direktor Peter Schibli, wie folgt: Der Kanal habe «nicht die Aufgabe, die Schweiz publizistisch zu bewerben». Wie «alle Unternehmenseinheiten der SRG» berichte man «sachgerecht und ausgewogen über die Schweizer Politik, das System der ­direkten Demokratie, den Förderalismus, Wirtschaft sowie Wissen und Technik, Gesellschaft und Kultur in der Schweiz». Auch beim umstrittenen Faktencheck zur Volksinitiative «No Billag» seien «die Qualitätskriterien ­eingehalten» worden. Der überschwängliche Artikel über Che Guevara sei nur auf Spanisch erschienen, weil «in dieser Community ein spezifisches Interesse am Todestag Che ­Guevaras bestand».